Vor der Antwort kommt die Frage. Wer mit der Arbeit an einem wissenschaftlichen Text beginnen will, sollte genau wissen, worum es dabei gehen soll. Obwohl es simpel klingt, ist das Finden einer Forschungsfrage und Problemstellung meist nichts, was man einfach aus dem Ärmel schüttelt. Vielmehr bedarf es bereits hierfür vollster Konzentration – denn das konkrete Thema einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit ist ihr Dreh- und Angelpunkt. Greift man hier daneben, ist die Abschlussarbeit schnell zum Scheitern verurteilt – selbst ein nicht bestanden ist dann nicht ausgeschlossen Doch wie kann man eine Forschungsfrage und Problemstellung finden, und was zeichnet sie aus? Wer die folgenden Tipps beherzigt, kann sich unbesorgt ans Antworten machen.
Vorbereitung
Wissenschaftliches Arbeiten ist ein beachtlicher Zeit- und Energieaufwand, den man wesentlich leichter erbringt, wenn Motivation und etwas Leidenschaft mit von der Partie sind (Siehe dazu auch einen Artikel der Artikel aus der Welt-Online). Einer Forschungsfrage für die eigene Bachelorarbeit oder Masterarbeit kommt man am besten mit der klassischen Mindmap auf die Spur. Noch bevor Literaturrecherche wird, sollte man vergangene Semester und in ihnen besuchte Veranstaltungen Revue passieren lassen, um herauszufinden, wo die eigenen Interessen lagen bzw. liegen. Fragen, die beim Brainstorming helfen können sind zum Beispiel:
- Welche Seminare und Vorlesungen waren besonders spannend? Welche Themen wurden dort behandelt?
- Was erschien bisher im Studium unklar, paradox oder unerforscht Welche Themen werden im eigenen Fach besonders stark diskutiert?
- Welches Wissen hat Relevanz für die eigene fachliche Zukunft?
- Welche Forschungsinteressen verfolgen Mentoren oder Professoren?
Meist kristallisieren sich auf diese Weise zwei bis drei thematische Schwerpunkte oder bereits Problemstellungen heraus, die im nächsten Schritt präzisiert und auf ihre Relevanz hin überprüft werden müssen. Wer bis hier hin gar nicht erst kommt und vollkommen im Dunkeln tappt, macht sich am besten auf den Weg in die Bibliothek und blättert in den publizierten Bachelorarbeiten oder Masterarbeiten (eine Dissertation wäre auch eine gute Idee) früherer Studenten. Hier bekommt man einen Überblick in Sachen Vielfalt und konkreter Beschaffenheit von Forschungsfragen.
Typen von Forschungsfragen für die Bachelorarbeit oder Masterarbeit
Nicht jedem liegt es, bedeutungsschwer zu theoretisieren. Deshalb ist es gut zu wissen, dass Forschungsarbeit durchaus divers sein kann. Entsprechend vielfältig sind wissenschaftliche Fragestellungen. Sie lassen sich in vier verschiedene Typen unterteilen:
Untersuchungen
- von Phänomenen
- anhand der Anwendung von Methoden, mit deren Hilfe Erfahrungen hinsichtlich der Phänomene gemacht werden
- von Theorien, mit denen Phänomene erklärt werden
- bei Grundbegriffen, die Phänomene benennen
Während das Untersuchen von Phänomenen aus dem Sammeln und Systematisieren vorhandener Informationen besteht, werden anhand der Anwendung von Methoden neue Informationen generiert. Untersuchungen im theoretischen Bereich können sich dagegen beispielsweise dem Vergleich, der Prüfung oder der Analyse vorhandener Theorien und Grundbegriffe widmen. Innerhalb dieses Spektrums kann nach persönlicher Präferenz geforscht werden
Kontext, Relevanz & Realisierbarkeit
Eine Forschungsfrage ist erst dann geeignet, wenn man nachweisen kann, dass sie eine wissenschaftliche Untersuchung wert ist (Siehe hierzu auch die Hinweise der Universität Regensburg). Die Stellung der Frage in einem bestimmten Wissenskontext und ihre Relevanz innerhalb dessen sind unabdingbar. Neben dem persönlichem sollte also auch ein spezifisch fachliches Interesse an der Forschungsfrage bestehen (vgl. Esselborn-Krumbiegel 2014: 22). Darüber hinaus wird auch die beste Problemstellung nutzlos, wenn die Lösung schließlich nicht realisierbar ist. Wer die ideale Forschungsfrage und Problemstellung finden will, darf seine Möglichkeiten und Kompetenzen nicht außer Acht lassen. Aspekte, die man unbedingt berücksichtigt sollte sind beispielsweise:
- Ist genug Wissen/Können vorhanden, um die Fragestellung zu beantworten, bzw. genug Zeit dieses Wissen zu erwerben?
- Ist genug Zeit vorhanden, um die Fragestellung zu beantworten?
- Können die notwendigen materiellen Ressourcen (Forschungsmaterialien, Ausdrucke, Geld) bereitgestellt werden?
- Sind die verantwortlichen Betreuer über die Forschungsfrage informiert und mit ihr einverstanden? (Siehe hierzu auch die Hinweise der Universität Paderborn)
Sind der wissenschaftliche Kontext, die fachliche Relevanz und die Realisierbarkeit der Beantwortung gegeben, kann man die Forschungsfrage endlich konkret formulieren.
Präzision & Klarheit in der Bachelorarbeit oder Masterarbeit
Den Inhalt der Forschungsfrage und Problemstellung zu finden ist das eine, sie ganz konkret zu formulieren noch einmal etwas anderes. Oft schleichen sich hier folgenschwere Fehler ein. Denn wer eine ungenaue oder schwammige Wortwahl trifft, wird im Verlauf der Schreibarbeit immer wieder darüber stolpern und schlittert schnell in eine Schreibblockade. Absolute Präzision in Sachen Formulierung ist deshalb unverzichtbar (vgl. Chabaani 2014: 12). Ob die Forschungsfrage klar genug ist, kann man mit folgenden Techniken checken:
- Kontrastgruppen bilden
- Formulierungen variieren
- Versuchen zu antworten (vgl. hierzu auch den Leitfaden der Georg-August-Universität Göttingen)
Wer diese Prüfungsmethoden anwendet, beugt der Gefahr vor, versehentlich am eigenen Thema vorbeizuschreiben. Kontrastgruppen zu bilden soll dabei verdeutlichen, was gerade nicht Gegenstand der Untersuchung ist. Das Experimentieren mit verschiedenen Formulierungen – mit Wortwahl und Satzbau – sichert, dass die Forschungsfrage nicht mehrdeutig oder missverständlich ist. Bei dem Versuch, die Forschungsfrage zu beantworten, wird schließlich das Wichtigste ersichtlich: Lässt die Frage eine Antwort zu, oder nicht? In diesem letzten Schritt empfiehlt es sich, bereits die erste Skizze einer Gliederung anzufertigen (vgl. Pospiech 2012: 53). Nur wenn klar ist, dass bestimmte Arbeitsschritte bestimmten Umfangs zur Beantwortung der Forschungsfrage führen können, ist die Frage selbst gelungen.
Im Rahmen der eigenen Bachelorarbeit oder Masterarbeit eine Forschungsfrage und Problemstellung zu finden ist ein Prozess. Weil es keine falschen Antworten, sondern nur falsche Fragen gibt, hat dieser oberste Priorität. Persönliches Interesse, fachliche Relevanz, Realisierbarkeit und die präzise Formulierung zeichnen eine gelungene Forschungsfrage aus. Darüber hinaus sind der inhaltlichen Vielfalt keine Grenzen gesetzt. Eine Tatsache, die Lust aufs Antworten machen kann. Und bestimmt eine gute Benotung mit sich bringt.
Literatur
Chabaani, Mohamed (2014): Die Forschungsfrage in wissenschaftlichen Arbeiten, 1. Aufl. München.
Esselborn-Krumbiegel, Helga (2014): Von der Idee zum Text: Eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben, 4. Aufl., Paderborn.
Pospiech, Ulrike (2012): Wie schreibt man wissenschaftliche Arbeiten?, 2. Aufl., Mannheim.
Weiterführende Literatur:
Gertler, Martin (2017): Entwicklung einer Forschungsfrage – Handreichung mit Beispielen aus der Hochschulpraxis, München.
Theisen, Manuel-René (2013): Wissenschaftliches Arbeiten: Erfolgreich bei Bachelor- und Masterarbeit, 16. Aufl., München.